Seit einigen Monaten laufen die ersten Cannabis-Pilotversuche in der Schweiz: Teilnehmer:innen von Studien dürfen legal Cannabis erwerben und konsumieren. Statt einer kompletten Legalisierung bieten die Pilotversuche eine Methode, sich dem Thema wissenschaftlich fundiert anzunähern und den Einfluss von Cannabis auf Konsument:innen und die Gesellschaft verstehen zu können. In Allschwil im Kanton Basel-Landschaft und an vielen anderen Orten in der Schweiz findet bereits oder schon sehr bald der legale Verkauf von Cannabisprodukten statt
Wie kam es zu dieser Entscheidung?
In der Schweiz ist der Anbau, der Import/Export, die Weiterverarbeitung und der Verkauf von Cannabis untersagt, mit der Ausnahme von Hanfblüten und -Produkten, die einen THC-Gehalt von weniger als einem Prozent aufweisen dürfen. Zudem gibt es eine straffreie Toleranzgrenze von 10 Gramm Cannabis für den Eigenbedarf. Allgemein gilt Cannabis jedoch weiterhin als illegale Droge und wird oftmals auf dem Schwarzmarkt bezogen, mit allen bekannten Risiken für die persönliche Gesundheit. Aus diesem Grund hat das Parlament beschlossen, für zehn Jahre Pilotversuche mit nicht-medizinischem Cannabiskonsum bei Erwachsenen zu erlauben.
Aus diesem Grund verabschiedete das Parlament eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG) am 25. September 2020. Diese Anpassung war die gesetzliche Grundlage für die Durchführung von örtlich und zeitlich begrenzten, wissenschaftlichen Pilotversuchen mit Cannabis zu “Genusszwecken”.
Seit dem 15. Mai 2021 ist die neue Regelung in Kraft und erlaubt wissenschaftliche Tests, bei denen kontrolliert Cannabis an Menschen abgegeben wird, um herauszufinden, wie sich Cannabis auf die Gesellschaft auswirkt. Diese Tests sollen helfen, bessere Gesetze in Bezug auf Cannabis zu machen.
Was ist ein Pilotversuch?
Unter dem Begriff “Pilotversuch” verbirgt sich eine wissenschaftliche Studie, die zum Ziel hat, den Umgang mit Cannabis und die Auswirkungen auf die Gesellschaft zu analysieren. Mit den Ergebnissen einer solchen Studie können mehr Daten über den allgemeinen Cannabiskonsum und auch die Beeinflussung von Körper und Psyche zusammengetragen werden. Aber wie genau funktioniert das?
Zuerst einmal werden Studienteilnehmer:innen gesucht, die spezifische Kriterien erfüllen. Unter anderem müssen sie in einem der teilnehmenden Kantone wohnhaft sein und regelmäßiger Cannabis-Konsument:in sein. Letzteres dient dazu, keine neuen potentiell neuen Konsument:innen zu werben und so die Konsumentenzahlen zu erhöhen. Ist man dann offizielle:r Proband:in, ist man dazu berechtigt, legales, nicht-medizinisches Cannabis oder Cannabisprodukte wie Edibles oder Tinkturen in bestimmten Mengen zu erwerben.
Um das Ganze im Rahmen zu halten und Daten zu erheben, werden regelmäßig Befragungen und Analysen durchgeführt, um beispielsweise die durchschnittliche Konsummenge oder Konsumart der Teilnehmer:innen, die Auswirkung auf ihre Psyche und das allgemeine Konsumverhalten zu untersuchen. Auf Basis dieser Ergebnisse könnten bestehende Gesetze zum Cannabiskonsum optimiert und beispielsweise Themen wie Safer-Use und Schadensminderung gefördert werden.
Welche Rolle spielen BAG & ISGF?
Das Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung (ISGF) beschäftigt sich grundsätzlich mit Themen wie Suchtprävention und Aufklärung, weshalb auch sie eine große Rolle bei der Durchführung der Pilotversuche spielen. Damit die Studien ordnungsgemäß und wissenschaftlich durchgeführt werden können, bedarf es Regeln und Informationen, welche die Studienteilnehmer:innen schützen sollen – sowohl körperlich als auch rechtlich.
An einem der Pilotversuche ist neben dem ISGF auch die Sanity Group beteiligt . Die Studie unter dem Namen „Grashaus Projects“ wird noch in diesem Jahr starten.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist zuständig für die Bewilligung der Pilotversuche und auch im späteren Verlauf fungiert es als Kontrolleinheit: Auch nach der Bewilligung eines Pilotversuches finden regelmäßige Inspektionen statt, um die Einhaltung der Anforderungen zu überprüfen.
Sowohl das BAG als auch das ISGF erhoffen sich aus den diversen Pilotprojekten eine Zurückdrängung des Schwarzmarktes und zeitgleich eine Verbesserung des Jugendschutzes. Zudem liefern die Versuche wertvolle Ergebnisse über Aspekte wie Arbeitsfähigkeit bei regelmäßigem Konsum sowie die Auswirkung von Cannabis auf familiäre und soziale Beziehungen.
Vorteile für Konsument:innen
Ein Pilotversuch in dieser Art und Weise ist nicht nur für die Wissenschaft und die Gesellschaft von Vorteil, die ihre Schlüsse aus den Ergebnissen ziehen kann. Er kann potentiell auch positive Auswirkungen für die Studienteilnehmer:innen und Konsumierende nach sich ziehen.
Mit der Legalität des Erwerbs und Konsums von Cannabis könnte auch die Stigmatisierung des Konsums allmählich verschwinden. Es besteht keine Notwendigkeit mehr, sich beim Konsum zu verstecken oder panisch zu werden, wenn sich noch ein Beutel mit Cannabis in der Jackentasche befindet und Polizei-Beamte in der Nähe sind. Für viele ist dies ein enorm wichtiger Punkt, da durch diese Entstigmatisierung auch eine Normalität in Bezug auf das Thema Cannabis entstehen könnte.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Qualität der Produkte. Während sich im Cannabis von der Straße Streckmittel, Verunreinigungen oder Schimmel befinden können, braucht man sich bei Produkten aus den Abgabestellen keine Sorgen zu machen. Vielmehr wird bei der Produktion der Cannabisblüten bereits auf Bio-Qualität und Nachhaltigkeit gesetzt. Und auch bei der Trocknung legen viele Unternehmen eine große Sorgfalt an den Tag, was am Ende den Konsument:innen zugutekommt.
Doch auch bei Top-Produkten beinhaltet der Konsum Risiken. Aus diesem Grund bilden auch die Aufklärung und Beratung einen wichtigen positiven Aspekt der Pilotversuche. Safer-Use-Guidelines, Beratung bzgl. des eigenen Konsummusters und Aufklärung über die Wirkung von THC können insbesondere für unerfahrene Cannabis-Interessierte hilfreiche Stützen sein. Zudem besitzen alle Produkte, die Studienteilnehmer:innen erwerben können, eine klare und nachgewiesene Auszeichnung ihres THC-Gehaltes – was man im Schwarzmarkt vergeblich suchen würde.
Grashaus Projects: Sanity Group betreibt Europas erstes legales THC-Fachgeschäft in Baselland
Grashaus Projects betreibt im Rahmen eines Pilotversuchs in Allschwil im Kanton Basel-Landschaft Europas erstes legales Cannabis-Fachgeschäft. Hier können Studienteilnehmer:innen bereits ab Dezember 2023 legal THC-haltige Blüten und weitere Produkte erwerben. Diese stammen vom Schweizer Hersteller SwissExtracts. Zur Auswahl stehen neben Blüten auch Haschisch, Tinkturen, Vape-Sticks und Edibles.
Das Besondere an Grashaus Projects ist die Tatsache, dass es sich bei dem Store um Europas allererste, echte “Dispensary” handelt. Dispensary oder Abgabestelle bedeutet in diesem Fall, dass der Laden ausschließlich auf den Verkauf von Cannabisprodukten und die damit verbundene Beratung ausgerichtet ist. Andere Formen von Abgabestellen, wie beispielsweise Apotheken im Kanton Bern, erweitern ihre eigentliche Tätigkeit um den Verkauf der THC-haltigen Produkte – sie werden von bewilligten Anbau-Unternehmen mit Blüten versorgt. In Zürich und Genf wiederum setzt man auf Anbauvereine, welche das Cannabis selbst produzieren und den Mitgliedern des Vereins verkaufen dürfen.
In der Abgabestelle Grashaus Projects findet eine fachliche Konsumberatung statt, die durch Safer-Use-Guidelines unterstützt wird. Ziel ist es, die Studienteilnehmer:innen auf den Pfad eines möglichst risikoarmen Konsums zu führen, auch in Hinblick auf schädlichen Tabakkonsum: Man rät beispielsweise zur Nutzung eines Verdampfers, um Schadstoffe zu verringern oder statt stark THC-haltiger Sorten lieber auf ausbalancierte Sorten auszuweichen.
Alles in allem stehen bei Grashaus Projects der verantwortungsbewusste und schadensmindernde Konsum sowie die Beratung und Aufklärung im Vordergrund. Erfasst werden Konsumverhalten sowie die körperliche und psychische Gesundheit der Teilnehmenden. Doch auch die gesellschaftlichen Auswirkungen, insbesondere auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung, werden analysiert. Man darf also sehr gespannt sein, welche Ergebnisse während und nach der 5-jährigen Pilotphase erwartet werden können und wie sich der Konsum von legalem Cannabis auf die Schweizer Gesellschaft auswirkt.
Mehr zum legalen Fachgeschäft in Basellandschaft erfahrt Ihr auf der Website www.grashausprojects.ch