Die Ampelkoalition in Deutschland plant die kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken an Erwachsene. Ab wann Cannabis zu Genusszwecken legal sein könnte und welche Hürden die Regierung dabei nehmen muss, zeigt unser Zeitstrahl zur Cannabis-Legalisierung.
Stand: Februar 2023 | Änderungen vorbehalten
Deutschland plant die Legalisierung von Cannabis – doch das Vorhaben der deutschen Bundesregierung aus SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP, die kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken an Erwachsene in lizenzierten Fachgeschäften einzuführen, ist komplex und umfassend. Denn um den Anbau, Erwerb und Konsum von Cannabis zu legalisieren, müssen viele Aspekte berücksichtigt werden. So sind an dem Unterfangen auch diverse Ministerien beteiligt, vom Bundesgesundheitsministerium über das Justizministerium und das Innenministerium bis hin zum Landwirtschaftsministerium. Darüber hinaus muss Deutschland sein Vorhaben auch mit der EU-Kommission abstimmen. All das kostet Zeit und wird sich über mehrere Jahre erstrecken, wie von Anfang an klar war. Ab “wann Bubatz legal” sein könnte und welche Hürden die Regierung nehmen muss, erfahrt ihr in unserem Zeitstrahl. Die Übersicht zeigt, welche Schritte notwendig sind und wann sie passieren, um das komplexe Verfahren vom Schluss des Koalitionsvertrags Ende 2021 bis zum ersten möglichen legalen Verkauf von Cannabis in einem Fachgeschäft zu realisieren. Ob das Vorhaben dabei wie angedacht umgesetzt werden kann, steht zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht fest.
Die neu gewählte Bundesregierung aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP kündigt in ihrem Koalitionsvertrag 2021-2025 die kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken für Erwachsene an:
Start des Konsultationsprozesses mit über 200 Expert:innen im Juni 2022, geleitet vom Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert.
Veröffentlichung des Eckpunktepapiers der Bundesregierung¹ im Oktober 2022. Das Papier stellt die Basis für einen Gesetzesentwurf dar.
Beginn der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs² durch Bundesministerien sowie Beauftragung eines medizinisch-wissenschaftlichen Gutachtens.
Zum Ende des ersten Quartals 2023 ist die Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs und des Gutachtens angedacht.
Anschließend: Einreichung beider Dokumente bei der EU-Kommission und Start des EU-Notifizierung-Prozesses³: Gemäß (EU-)Richtlinie 2015/1535 erfolgt eine Prüfung, ob das nationale Recht mit dem EU-Recht in Einklang steht.
In dieser Zeit: Sogenannte Stillhaltefrist für Implementierung des Gesetzes in Deutschland (drei bis sechs Monate).
Im Frühsommer 2023 wird die Entscheidung des Bundes-verfassungsgerichts erwartet, ob strafbewehrtes Cannabisverbot verfassungskonform ist.
Im Laufe des dritten Quartals 2023 wird das Feedback der EU-Kommission zum Gesetzesentwurf erwartet. Davon ist abhängig, wie es weitergeht:
Entweder mit Plan A: Beginn des parlamentarischen Verfahrens im Bundestag (ca. 6 bis 9 Monate insgesamt) inkl. Nachbesserungen am Gesetzesentwurf, die von der EU gefordert werden.
Die Alternative: Plan B – Im Falle einer negativen Rückmeldung der EU, dass der Gesetzesentwurf nicht mit EU-Recht in Einklang steht: Start des Erarbeitungs-prozesses eines alternativen Gesetzesentwurfs „Legalisierung Light“ (der keine Notifizierung benötigen würde) durch Bundesministerien.
Plan A – Start der Anhörungen im Deutschen Bundestag mit internen & externen Expert:innen.
Plan A – Fortsetzung des parlamentarischen Verfahrens im ersten Quartal 2024.
Falls notwendig: Weitere Überprüfung durch EU (wenn signifikante Änderungen vorgenommen werden).
Obligatorisch: Notifizierung des endgültigen Gesetzestextes durch die EU-Kommission. Kann sich ggf. bis in Q2 ziehen.
Plan B – Auch ein alternativer Gesetzesentwurf erfordert einen parlamentarischen Prozess über mehrere Monate mit Anhörungen im Bundestag mit internen & externen Expert:innen.
Plan A – Frühestens zum Ende des ersten Quartals, voraussichtlich aber im zweiten Quartal 2024 wird eine Abstimmung des Gesetzes im Bundesrat erwartet.
Plan B – Falls erforderlich, je nach Inhalt des alternativen Gesetzesentwurfs: Abstimmung im Bundesrat.
Plan A – Ebenfalls im zweiten Quartal des Jahres 2024 könnte eine mögliche Verabschiedung des Gesetzes und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt⁴ stattfinden.
Plan A – Start des Lizenzierungsverfahrens (über Behörden des Bundes bzw. der Bundesländer); dürfte sich über mehrere Monate erstrecken.
Plan B – Mögliche Verabschiedung alternatives Gesetz. Je nach Inhalt des Gesetzes, Einführung von z. B.:
Plan A – Voraussichtlich erster Verkauf von legalem Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken.
Plan B – Erstes legales Cannabis zu Genusszwecken von CSCs / Beginn von evtl. Pilotprojekten voraussichtlich Ende 2024.
Infografik
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Glossar
1) Eckpunktepapier:
Das Eckpunktepapier ist die Grundlage für einen Gesetzesentwurf. Es wird in Abstimmung mit allen betroffenen Bundesministerien erstellt. Wie der Name schon sagt, fasst das Eckpunktepapier die wichtigsten Eckpunkte des geplanten Gesetzes zusammen. Es ist in der Regel deutlich weniger umfangreich als ein Gesetzesentwurf. Nach einer grundsätzlichen Zustimmung des Bundeskabinetts zum Eckpunktepapier werden die Eckpunkte von den zuständigen Ministerien in einen detaillierteren Gesetzesentwurf überführt.
2) Gesetzesentwurf:
Ein Gesetzesentwurf ist der vollständig formulierte Text eines Gesetzes, der den gesetzgebenden Organen zur Beratung und Abstimmung vorgelegt wird. Bis zur endgültigen Abstimmung trägt der Gesetzestext den Titel “Gesetzentwurf”. Ein Gesetzesentwurf durchläuft während des politischen Prozesses mehrere Phasen:
a) Der Gesetzesentwurf, der von einem oder mehreren Ministerien verfasst wird, wird “Referentenentwurf” genannt. Der Referentenentwurf wird der Bundesregierung zur Beratung und Entscheidung im Kabinett vorgelegt.
b) Der “Regierungsentwurf” ist der von der Bundesregierung (im Kabinett) beschlossene und dann dem Deutschen Bundestag vorgelegte Gesetzentwurf. Dieser Gesetzentwurf kann sich im Laufe des parlamentarischen Prozesses noch ändern, da Sachverständigengutachten, parlamentarische Anhörungen und Gesetzesänderungen eingearbeitet werden. Auch der Bundesrat hat das Recht, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen. Die weitere Beteiligung des Bundesrates (ggf. Zustimmung zum Gesetzentwurf) hängt vom Inhalt des Gesetzentwurfs ab.
3) EU-Notifizierungs-Prozess:
Der Begriff “Notifizierung” beschreibt ein Verfahren, bei dem die EU-Mitgliedsstaaten die Europäische Kommission und in manchen Fällen auch andere Mitgliedsstaaten über einen Rechtsakt informieren, bevor dieser als nationale Gesetzgebung in Kraft treten kann. Dies ist der Fall, wenn es sich um Rechtsakte handelt, die für den EU-Binnenmarkt relevant sind. Während die EU-Kommission den Rechtsakt prüft, ist es dem Mitgliedstaat untersagt, den betreffenden Rechtsakt umzusetzen. Diese “Stillhaltefrist” kann zwischen drei und sechs Monaten dauern.
4) Bundesgesetzblatt / Gesetz:
Sobald der Gesetzesentwurf verabschiedet ist, wird er im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Erstmals können die Bürger:innen den verbindlichen Gesetzestext in der endgültigen Form lesen. Korrekturen sind nicht mehr möglich – außer in einem völlig neuen Gesetzgebungsverfahren. Der Bundestag entscheidet, ob ein Gesetz sofort am Tag nach der Verkündung, zu einem späteren Zeitpunkt oder sogar rückwirkend in Kraft tritt. Das hängt ganz vom Inhalt der Regelung ab.
Quellen:
https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf
https://www.bundesrat.de/DE/aufgaben/gesetzgebung/verfahren/verfahren.html
https://www.bundestag.de/parlament/aufgaben/gesetzgebung_neu/gesetzgebung/weg-255468
Verwendete Fotos (sofern nicht anders gekennzeichnet): Unsplash.com, Canva.com
Auch interessant:
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Glossar
1) Eckpunktepapier:
Das Eckpunktepapier ist die Grundlage für einen Gesetzesentwurf. Es wird in Abstimmung mit allen betroffenen Bundesministerien erstellt. Wie der Name schon sagt, fasst das Eckpunktepapier die wichtigsten Eckpunkte des geplanten Gesetzes zusammen. Es ist in der Regel deutlich weniger umfangreich als ein Gesetzesentwurf. Nach einer grundsätzlichen Zustimmung des Bundeskabinetts zum Eckpunktepapier werden die Eckpunkte von den zuständigen Ministerien in einen detaillierteren Gesetzesentwurf überführt.
2) Gesetzesentwurf:
Ein Gesetzesentwurf ist der vollständig formulierte Text eines Gesetzes, der den gesetzgebenden Organen zur Beratung und Abstimmung vorgelegt wird. Bis zur endgültigen Abstimmung trägt der Gesetzestext den Titel “Gesetzentwurf”. Ein Gesetzesentwurf durchläuft während des politischen Prozesses mehrere Phasen:
3) EU-Notifizierungs-Prozess:
Der Begriff “Notifizierung” beschreibt ein Verfahren, bei dem die EU-Mitgliedsstaaten die Europäische Kommission und in manchen Fällen auch andere Mitgliedsstaaten über einen Rechtsakt informieren, bevor dieser als nationale Gesetzgebung in Kraft treten kann. Dies ist der Fall, wenn es sich um Rechtsakte handelt, die für den EU-Binnenmarkt relevant sind. Während die EU-Kommission den Rechtsakt prüft, ist es dem Mitgliedstaat untersagt, den betreffenden Rechtsakt umzusetzen. Diese “Stillhaltefrist” kann zwischen drei und sechs Monaten dauern.
4) Bundesgesetzblatt / Gesetz:
Sobald der Gesetzesentwurf verabschiedet ist, wird er im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Erstmals können die Bürger:innen den verbindlichen Gesetzestext in der endgültigen Form lesen. Korrekturen sind nicht mehr möglich – außer in einem völlig neuen Gesetzgebungsverfahren. Der Bundestag entscheidet, ob ein Gesetz sofort am Tag nach der Verkündung, zu einem späteren Zeitpunkt oder sogar rückwirkend in Kraft tritt. Das hängt ganz vom Inhalt der Regelung ab.